Wählen ab 16 - ist Österreich ein Vorbild für andere Länder? Wählen bis zu einem bestimmten Alter?
- HAQ
- 3. Dez. 2019
- 3 Min. Lesezeit
Wählen in Österreich ist heutzutage easy: Per Briefwahl oder zum Wahllokal mit dem zugeschickten Dokument und einem Lichtbildausweis - Hauptsache man ist 16 oder älter und hat die österreichische Staatsbürgerschaft.
"Ach, die jungen Leute lassen sich doch so leicht manipulieren oder wählen den, der die coolste Frisur hat." - Das ist eine plumpe Aussage, schon klar, doch wie viel steckt dahinter? Sind Minderjährige zu jung, um zu wählen?
"Mann, wieso sollte ein 90-Jähriger wählen? Alte Menschen sollten nicht die Zukunft der neuen Generation bestimmen, denn sie sind mit komplett anderen Werten als wir aufgewachsen!" - diese Behauptung ist der ersten ziemlich ähnlich. Sollte es ein gesetzlich vorgeschriebene Höchstalter fürs Wählen geben?
Ich habe mich einen Tag lang damit beschäftigt, Leute aus unterschiedlichen Nationen und Altersgruppen auf Instagram zu fragen, ob Österreich ein Vorbild für andere Länder ist, da man hier schon ab 16 wählen kann. Viele Meinungen und Diskussionen haben sich daraus ergeben.
Befragt wurden junge Erwachsene aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Insgesamt haben mir 39 Jugendliche - egal ob wahlberechtigt oder nicht - eine klare Antwort gegeben.
23%, also neun Personen, sind dagegen, dass man z. B. auch in Deutschland unter 18 wählen kann. Ein 18-Jähriger erklärte mir, er sei nicht dafür, da man in zwei Jahren oft seine Meinung komplett überdenke und sich für seine "alte Ansicht" schäme. Drei 16-Jährige begründeten dies damit, dass Jugendliche viel zu leicht zu manipulieren seien und sie eh nur grün wählten, weil die Medien die Rechten im schlechten Licht darstellten und sie keine Lust auf beispielsweise CO2-Steuer hätten.
Die eindeutige Mehrheit (77% - 30 Personen) war für die Senkung des Wahlalters in anderen Ländern. Eine 17-Jährige aus Deutschland schrieb mir einen langen Texten voller Pro-Argumente für das Wahlrecht für Minderjährige. Sie ist der Meinung, dass es keinen Brexit gäbe, hätten die Jugendlichen mitwählen dürfen. Sie fügte hinzu, dass es in Deutschland auch anders aussehe; nicht nur sie, sondern viele andere Minderjährige interessierten sich schon längst für Politik und hätten eine feste Meinung, die sie nicht nur durch Demonstrationen mitteilen wollten. Ein Junge, der erst seit kurzem das Wahlrecht hat, beklagte sich, weil er bei der letzten Wahl in Deutschland nicht teilnehmen durfte. Es ärgert ihn, dass man nicht auf die Jungen höre.
Zu der Wahlaltersgrenze haben nicht sehr viele Stellung genommen. Interessant war die Beobachtung aber trotzdem; die eher links Eingestellten sind für die Grenze, da sie der Meinung sind, dass die älteren Personen keine zeitgemäßen Werte vertreten. Die eher rechts Eingestellten sind dagegen, weil in einer Demokratie jeder das Recht haben sollte zu wählen.
Ich persönlich finde es sehr gut schon, mit 16 wählen zu dürfen. Die Reife muss nicht unbedingt mit dem Alter kommen. Natürlich sammelt man Erfahrung und ändert die Meinung im Laufe der Zeit - der eine kennt sich schon mit 14 aus, der andere nicht mal mit 40. Zudem macht sich jemand, der sich nicht sonderlich mit den unterschiedlichen Parteien auskennt, ohnedies nicht die Mühe, Sonntag in der Früh seine Stimme abzugeben. Jugendliche interessieren sich immer mehr und mehr für Politik, vor allem wenn man viel davon in der Schule hört.
Ich schätze mein Wahlrecht total und ich nutze es auch. Wenn man bedenkt, dass in anderen Ländern Minderjährige nicht wählen dürfen, erst vor 100 Jahren das Frauenwahlrecht eingeführt worden ist und dass z. B. meine Eltern nicht wählen dürfen, da sie keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, kann man es nicht nachvollziehen, wenn jemand seine Stimme nicht abgibt, weil ihn „Politik nicht betrifft“.
Ajla
Comments